Am 25.11. berichtete die Eßlinger Zeitung über das Event in unserem Econvent. Hier der ganze Artikel:

Der Tübinger OB Boris Palmer war zu Gast bei „Talk im Econvent“. Dort stellte er sich den Fragen von EZ-Redakteur Alexander Maier und dem Publikum. In der Diskussion verteidigte Palmer den Migrationspakt.

Er eckt auch in der eigenen Partei öfter an und überlegt nicht immer zwei Mal, bevor er seine Meinung sagt. Aber begründen kann er sie immer. Dass Boris Palmer bestimmt kein Populist, sondern ein gradliniger Mensch und Politiker ist, hat er in Esslingen glaubhaft vermittelt. Er war zu Gast beim „Talk im Econvent“.

Wie prägend ein Vater wie Helmut Palmer fürs Leben ist, mag man daran ermessen, dass auch heute – 14 Jahre nach dessen Tod und in der zweiten Amtszeit seines Sohnes als Tübinger Oberbürgermeister – ein Abend mit Boris Palmer sich zunächst um dessen verstorbenen Vater dreht. Wobei es in diesem Fall einen zweiten Grund dafür gab: EZ-Redakteur Alexander Maier, der das Gespräch mit dem Tübinger OB und Grünen-Politiker führte, hat einst sein allererstes Interview als 14-jähriger Schülerzeitungsredakteur mit Helmut Palmer gemacht. Die Erinnerung an den Charakterkopf aus dem Remstal sorgte prompt für eine lockere, entspannte Stimmung beim Talk. Das Publikum erfuhr, dass Boris Palmer schon als Jugendlicher mit dem Vater durchs Land zog und dabei nicht nur die Liebe zur Natur und zu den heimischen Streuobstwiesen vermittelt bekam, sondern auch bei seinen Veranstaltungen an der Kasse saß. Er sei der einzige Politiker gewesen, der für Wahlkampfauftritte Eintritt verlangte: „So unterhaltsam war er.“

Für den Sohn scheint das auch zu gelten: Das Econvent war mit 150 Zuhörern voll besetzt, etliche Menschen, die draußen anstanden, mussten wieder nach Hause geschickt werden. „Wir hätten locker 500 Karten verkaufen können“, verriet der Manager des Tagungshauses, Thomas Puchan. Palmer selbst zeigte sich überrascht, dass die Leute bezahlt hatten, um ihn zu hören. Gemäß dem Konzept von „Talk im Econvent“ darf er nun darüber entscheiden, welcher guten Sache er die Einnahmen zukommen lassen will.

Bei allem fröhlichen Wortgeplänkel ging es aber doch schnell um Inhalte. Welches Thema, welche Aussage von ihm wohl ganz aktuell in den Medien „aufploppen“ könne, wollte Adi Maier von dem Gast wissen. „Du weißt nie, welche Sau durchs Dorf getrieben wird und welche nicht“, stellte Palmer fest. Er habe sich am Vormittag gegen Friedrich Merz‘ Aussagen zur Einschränkung des Asylrechts gestellt, sagte er. Er habe das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass Flüchtlinge nicht weniger Sozialleistungen erhalten dürfen als Einheimische, kritisiert. Und er habe sich für den Migrationspakt ausgesprochen. „Das sind die Themen seit gestern Morgen, langt das?“, fragte Palmer.

Der Migrationspakt kam an dem Abend mehrfach zur Sprache, auch aus den Reihen des Publikums. „Ich halte den Migrationspakt inhaltlich für richtig und glaube, dass die Welt Vereinbarungen braucht. Und er ist im deutschen Interesse“, fasste Palmer zusammen. Gleichwohl habe der Pakt Schwächen, beispielsweise eine einseitige, nur positive Betrachtung von Migration. Dagegen könne man sehr wohl Bedenken haben. Seine Folgerung: Bundesregierung und Bundestag sollen Klarheit schaffen und in einer Protokollerklärung festschreiben, wie sie das Papier anzuwenden gedenken. Das sei auch eine Antwort auf die Sorge, die ein Zuhörer so formulierte: „Alle unterschreiben und nur Deutschland setzt ihn um.“

Klare Kante zeigt Palmer auch bei der Frage nach straffällig gewordenen Asylbewerbern: „Die Leute müssen unter Aufsicht, die müssen ein klares Stoppsignal bekommen“ – und wenn möglich die Abschiebung. Mit solchen Äußerungen schockt er viele seiner Parteigenossen. Es ist die eine Seite des „doppelten Spurwechsels“, den er fordert, die andere ist, dass auch abgelehnte Asylbewerber ein Bleiberecht bekommen sollen, wenn sie arbeiten.

Ganz Realpolitiker ist Palmer auch in der Frage nach dem Umgang mit EU-Ländern, die keine Flüchtlinge aufnehmen. Wie er mit ihnen verfahren würde, fragte einer der (wenigen) jungen Zuhörer. Besser nicht auf die moralische Tour, warnte der Politiker. Auch wenn man sich in Deutschland moralisch im Recht sehe, sei es gefährlich, mit dem „Hebel EU“ die eigene Position durchzudrücken. Das befördere den Zerfall der Europäischen Union und sei deshalb „ein Selbstmordkommando“. So sieht er auch die aktuelle politische Lage in Italien als ein Ergebnis verfehlter EU-Politik, die das Land mit dem Ansturm von Flüchtlingen allein gelassen habe.

Durchaus positiv findet der Grüne, wenn die CDU mit Spahn und Merz wieder nach rechts rückt und damit „ihre Rolle wahrnehme“: Durch den Mitte-Kurs habe sie einen großen Teil der weiter rechts stehenden Bevölkerung „einfach zurückgelassen“ und damit auch die AfD befördert.

Bei alledem hat Boris Palmer überhaupt keinen Zweifel, dass er ein echter Grüner ist. Denn sein Hauptanliegen und das brennendste Zukunftsthema ist aus seiner Sicht ganz klar der Klimaschutz: „Deshalb bin ich in die Politik gegangen.“